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„Völlig Wahnsinnig“: Kundenservice umgekehrt



Verfolgt man die Presselandschaft seit dem Beginn der neuen Zeitrechnung namens „Diesel-Skandal“, dann kommt man unweigerlich zu zwei konträren Schlüssen: Dass mit „Völlig Wahnsinnig“ viel zu sanft umgegangen wird und der Konzern richtig rangenommen werden muss, um die Schäden an Umwelt, Kunden und Image wieder geradezurücken. Und dann gibt es die anderen Fraktionen, die in den Wirtschaftsredaktionen sitzen und Verständnis und Mitgefühl für „Völlig Wahnsinnig“ aufbringen. Globalisierung, eine brutale Konkurrenz aus Fernost und Vorgaben des Gesetzgebers, die „Völlig Wahnsinnig“ schmerzlich treffen, haben dazu geführt, dass dem „armen“ Konzern gar nichts anderes übrigblieb, als ein wenig „kreativ“ zu werden. Über dieses Thema könnte man ganze Nächte diskutieren, aber man sollte doch annehmen, dass „Völlig Wahnsinnig“ vor allem an einem gelegen ist: dem Kunden. 

Doch unser Beispiel zeigt, dass das Gegenteil richtig ist. „Völlig Wahnsinnig“ ist arrogant, kundenfeindlich und beratungsresistent bis in die Zehenspitzen.
Aber der Reihe nach. 

Wir geben dann mal unser Leasing-Fahrzeug zurück
Es war ein sonniger Tag im Juli, als wir unser Leasing-Fahrzeug bei „Völlig Wahnsinnig“ abgeben wollten. Alles lief glatt, es gab nichts zu beanstanden, wir ließen das Auto da und zogen unseres Weges, nichts ahnend, dass uns der Wahnsinn noch bevorstand.
Denn kurze Zeit später erreichte uns ein Schreiben von „Völlig Wahnsinnig“. In dem war nachzulesen, dass es irgendwie doch etwas zu beanstanden gab: einen Hagelschaden. Die Kosten dafür sollten satte 2.500,- Euro betragen. Wir standen da, schüttelten ungläubig den Kopf und zerbrachen ihn uns im Anschluss daran, weil wir uns nicht an einen Hagelschaden erinnern konnten. Zumal ja bei der Fahrzeugübergabe alles bestens war. Also ran ans Telefon, der Fall sollte doch zu klären sein. 

War er auch, es stellte sich heraus, dass der Schaden erst nach unserer Rückgabe des Wagens entstand. Ein Missverständnis also, kein sehr schönes, und eines, das eigentlich überflüssig war, aber „Völlig Wahnsinnig“ zeigte sich ja einsichtig, also was soll‘s.
Klar, die 2.500,- Euro brauchten wir nicht zu zahlen, also gingen wir davon aus, dass der Fall damit erledigt war. Doch weit gefehlt! Nach wie vor wollte „Völlig Wahnsinnig“ Geld von uns, zwar „nur“ noch 600,- Euro, aber wir fragten uns – inzwischen ziemlich stinkig -, was denn das jetzt wieder soll. Nachdem uns ein Hagelschaden angehängt worden war, mit dem wir nichts zu tun hatten, nahmen wir eigentlich an, dass „Völlig Wahnsinnig“ nun mit uns – wir sind ja schließlich langjährige und zahlende Kunden! - etwas vorsichtiger und vor allem kundenfreundlicher umgehen würde. Es dauerte eine ganze Weile und kostete haufenweise Nerven, bis diese Sache mit dem Hagelschaden endlich aus der Welt war. Übrig blieb ein fader Geschmack auf der Zunge und die Erkenntnis, dass „Völlig Wahnsinnig“ mit dem Qualitätsmanagement in Sachen Kundenbetreuung scheinbar ebenso überfordert war wie mit dem Einhalten gesetzlich vorgeschriebener Abgaswerte. Und da war ja noch eine Forderung übrig, die nach den 600,- Euro wegen Minderwerts. Aber dazu später mehr.
Viel Zeit, den Vorgang zu verarbeiten, blieb uns nicht, denn der nächste Ärger stand ins Haus. 

Wir kriegen dann mal eine sinnlose Rechnung 

Zugegeben, betrachtet man die Evolution als Zeitraum, sind vier Wochen nur ein winzig kleines Zeitfenster. Bedenkt man allerdings, dass ein Autohaus ein zurückgegebenes Auto erst vier Wochen später abmeldet, stellt sich das gleiche Zeitfenster in einem anderen Licht da. Und so kam es, dass – aus Gründen, die wohl nicht einmal Gott kennt – unser Leasing-Fahrzeug erst vier Wochen nach der Rückgabe abgemeldet wurde. Das hatte natürlich Folgen, wir mussten für diesen Zeitraum sowohl die Versicherung als auch die Kfz-Steuer zahlen. Genau das sahen wir aber überhaupt nicht ein, denn inzwischen hatten wir arge Probleme mit unserer Hutschnur, die längst gerissen war.
Also wendeten wir uns erneut an das Autohaus. Dort sagte man uns, man sei nicht zuständig, wir sollten uns direkt an „Völlig Wahnsinnig“ wenden. Das taten wir dann auch, um die gleiche Auskunft zu erhalten. Niemand war zuständig, aber – noch viel wichtiger – niemand hatte das Gefühl, uns als Kunden vielleicht mal ein wenig zu helfen. Im System von „Völlig Wahnsinnig“ hatten wir offenbar auch keinen festen Platz, denn wir mussten telefonisch und schriftlich immer wieder erklären, worum es eigentlich ging. Und immer erhielten wir die gleiche Reaktion: Da kann man nichts machen.
Oh, Du wundervolle digitalisierte Dienstleistungswelt!

Betrug? Damit kennt „Völlig Wahnsinnig“ sich ja bestens aus 

Unsere Versicherung reagierte ziemlich humorlos auf den Vorgang. Sie wollte ihr Geld, alles andere war ihr egal. Da wir jedoch für einen Monat zahlen sollten, in dem wir nachweislich weder den Wagen fuhren noch bei uns stehen hatten, und da wir dokumentiert hatten, dass die Übergabe erfolgreich und pünktlich erfolgt war, blieb nur eine Erkenntnis: „Völlig Wahnsinnig“ hatte Versicherungsbetrug begangen. Also zeigten wir den Konzern kurzerhand an. Und dann kam tatsächlich Bewegung in die Sache. Wir befinden uns an dieser Stelle der wahren Geschichte übrigens bereits im November.

Als das Schreiben von „Völlig Wahnsinnig“, datiert auf den 9.11.2017, bei uns einging, mochte sich Freude nicht so richtig einstellen. Zu groß war der Ärger, den wir mit „Völlig Wahnsinnig“ gehabt hatten. Außerdem war in diesem Brief – der sich um den nach wie vor angeblichen Minderwert des Wagens drehte – ständig von Kulanz die Rede. Von bundesweiten Bestimmungen bei „Völlig Wahnsinnig“, von einem Hagelschaden, der ja irgendwie nicht unsere Schuld war und von Minderwerten an Stoßfänger, Schweller und der Beifahrertür. Die Tatsache, dass wir den Wagen vor der Abgabe in die Aufbereitung geschickt hatten, bemerkte „Völlig Wahnsinnig“ zwar, sie beeindruckte aber nicht. Stattdessen wurde ein unabhängiger Sachverständiger genannt, der sich den Wagen genau angesehen habe und der zum Schluss kam, dass eben doch Minderwerte aufgetreten seien. Spontan fragten wir uns, ob der Sachverständige so unabhängig war wie die Experten, die die falschen Abgaswerte gemessen hatten, die zu einem der größten Skandale der deutschen Automobilhistorie geführt haben. 

„Freundlicherweise“ strich „Völlig Wahnsinnig“ zwar den Hagelschaden, mit dem wir nichts zu tun hatten, und auch die zunächst geforderten Kosten für die Hauptuntersuchung fielen weg. Denn die war Bestandteil unseres Leasingvertrages, was selbst „Völlig Wahnsinnig“ dann irgendwann herausfand (ob mit oder ohne fremde Hilfe, bleibt wohl ewig eine ungeklärte Frage).
Am Ende des Schreibens teilte uns „Völlig Wahnsinnig“ mit, dass man aus Kulanz (ganz wichtig, natürlich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, darin hat „Völlig Wahnsinnig“ ja Übung) die Forderung uns gegenüber noch einmal reduziert und uns eine Kilometergutschrift zusagen würde, so dass wir mit einem Plus aus der Nummer herauskämen. 

Dieser ganze Vorgang ist ein Zeichen vom Gegenteil von Kundenfreundlichkeit, zudem das alles als Kulanz verpackt wurde, und wir verstanden und verstehen bis heute nicht, wie eine Selbstverständlichkeit ein Kulanzfall sein kann. Außerdem steckt in diesem Wort ja immer etwas Gönnerhaftes, Nobles, so als hätte „Völlig Wahnsinnig“ überhaupt nichts machen müssen, sich aber mit uns erbarmt, weil man ja auch mal Gnade vor Recht ergehen lassen kann.
Wieder etwas später hatte sich offenbar die Polizei bei „Völlig Wahnsinnig“ gemeldet, denn nun sollten wir plötzlich auch das Geld für den überflüssigen Monat Versicherung und Kfz-Steuer zurückbekommen. An den Ermittlungen wegen Versicherungsbetrug ändert das nichts, aber wir würden drauf wetten, dass „Völlig Wahnsinnig“ nichts zu befürchten hat. Weil es sich um „Völlig Wahnsinnig“ handelt. Und vielleicht wegen irgendwelcher Arbeitsplätze oder dem Standort Deutschland, man weiß es nicht genau. 

Aus Liebe zum Kunden? Nicht bei „Völlig Wahnsinnig“!

Unser Fazit fällt nüchtern aus und könnte in etwa so zusammengefasst werden: Wie man aus Fans Feinde macht.
Wir sind ganz sicher keine Menschen, die wegen jeder Kleinigkeit in die Luft gehen. Im Gegenteil, wir wissen und verstehen, dass Fehler passieren, niemand kann sie jemals gänzlich ausschalten, das ist einfach nicht möglich. Aber von einem Unternehmen wie „Völlig Wahnsinnig“ hätten wir erwartet, dass innerhalb des ganzen Vorgangs eine andere Grundhaltung dominiert. Eine Grundhaltung, die dem Kunden zugeneigt ist, die eigene Fehler erkennt, benennt und dem Kunden gegenüber signalisiert, dass alles getan wird, um den Schaden zu begrenzen und im besten Fall eben doch noch einen zufriedenen Kunden zurücklässt. Nichts davon war der Fall, im Gegenteil, wir kamen uns vor, als hätten wir haufenweise große Fehler gemacht, die das arme Unternehmen nun ausbaden muss. Es lässt tief blicken, wenn man sich so fühlt, nachdem man einfach nur ein Leasing-Fahrzeug zurückgegeben hat.
Einen Fehler allerdings haben wir tatsächlich gemacht, und wir geloben Besserung und versprechen, dass der sich nicht wiederholen wird: Wir haben uns vor langer Zeit dafür entschieden, „Völlig Wahnsinnig“ unser Vertrauen zu schenken. Aber was soll‘s, aus Fehlern wird man klug. Es sei denn, man heißt „Völlig Wahnsinnig“.

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