Digitalisierung
betrifft uns alle! Bei diesem Satz kann wohl jeder irgendwie mitgehen.
Schließlich leben wir in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft. Doch was
genau steckt eigentlich dahinter? Und sind alle Lebensbereiche betroffen? Das
sind sie in der Tat, sieht man einmal von einem Spaziergang barfuß im Wald ab
(und selbst dort benutzen wir womöglich einen GPS-Sender, um uns nicht zu
verlaufen).
Inwiefern aber geht
die Digitalisierung das Handwerk etwas an?
Die digitale Fischtheke
Die gute alte Theke,
über die – vielleicht eingerollt in alte Zeitungen – der frische Fisch gereicht
wird, ist ein romantisches Bild. Aber eben auch ein veraltetes, zumindest wenn
man nicht nur einen Straßenzug mit Fisch beliefern will. Doch wie soll
Fischverkauf digitalisiert werden? Die Antwort: So intensiv wie möglich!
Eric Nürnberger lebt
vom Fischverkauf. Und zwar deutlich besser, seit er beschlossen hat, sein
Geschäft zu digitalisieren. Nürnberger prüft die Wasserqualität mittels
Sensoren, er organisiert die Fütterung der Tiere digital und hat sich für ein
Shopsystem entschieden, das Vertrieb und Logistik um Längen verbessert hat. Nun
ist Nürnberger so gut aufgestellt, dass er eine externe Agentur für weitere
Aufgaben betrauen musste. Geschadet hat ihm das nicht, die Umsätze sind in die
Höhe geschnellt, die Ausgabenseite ist im Verhältnis dazu übersichtlich. Statt
Zeitungen als Verpackungen zu benutzten, setzt der Fischverkäufer auf
Smartphone und Tablet. Einziger „Nachteil“ dieser Variante: Fisch lässt sich in
diese Geräte nicht einwickeln. Aber damit kann Nürnberger sehr gut leben.
Digitalisierung: eine heiße Angelegenheit
Auch aus einer ganz
anderen Branche gibt es über Digitalisierung zu berichten. Bernd Erdmann
verkauft Saunen, und zwar exklusive. Seit 20 Jahren ist er dabei, und damals
hätte er sich nie träumen lassen, jemals auch nur eine einzige Sauna nach
Marokko, in die Schweiz oder nach China zu liefern. Doch das Internet und die
Digitalisierung machen es möglich. Heute ist Erdmann international aufgestellt und
wundert sich, dass so wenig Betriebe auf die Möglichkeiten der modernen Technik
setzen.
„Viele Firmen haben
eine Website und eine Präsenz in den sozialen Netzwerken und denken, das
war‘s.“ Das sagt der IT-Experte Uwe Matern. Und er hat recht mit seiner
Einschätzung. Über die Wichtigkeit einer Website besteht heute zwar allgemeine
Übereinstimmung. Doch schon bei den sozialen Medien heißt es oft: „Nee, für
meine Branche ist das nix, das brauch‘ ich nicht.“ Da liegt die Frage nahe:
Warum genau ist für welche Branche genau ein Auftritt in den sozialen Medien
nichts? Eine schlüssige Antwort darauf zu finden, grenzt an ein Wunder.
Bernd Erdmann setzt
voll auf die Digitalisierung. Das hat zum einen Wettbewerbsgründe. Erdmann will
über Grenzen hinaus seine Produkte verkaufen. Es hat aber auch ganz
pragmatische Gründe: „In dieser Liga, in der Sie es auch beim Spa- und Saunabau
mit Star-Architekten zu tun haben, können Sie mit Zettelwirtschaft nicht
bestehen“, sagt er. Stattdessen setzt er auf zettelloses Arbeiten, besitzt
neben seiner Website und einem Firmenprofil bei Facebook auch eines bei
Pinterest, um seinen Saunen in glänzendem Licht erscheinen zu lassen und lockt
so erfolgreich seine Kunden an.
Um alles
bewerkstelligen zu können, hat sich Erdmann für eine Software entschieden, die
für rund 50,- Euro im Monat einen Großteil der Organisation und der Logistik
übernimmt und die die Prozesse überwacht und steuert. Natürlich hat er
jederzeit und von überall aus Zugriff auf alle wichtigen Daten und verpasst nichts.
Das war früher anders, ist jedoch für Erdmann ein längst vergessenes Zeitalter.
Digitalisierung: Wo genau denn überhaupt?
Das letzte Beispiel
ist das eines Malerbetriebes. Dessen Chef Hans-Christian Hölzel hat den Betrieb
von seinem Vater übernommen, der seinerseits im Jahr 1987 sein Geschäft
aufzubauen begann. Was der Junior vorfand, überzeugte ihn aber nicht, denn er
hatte viel vor, wollte wachsen, expandieren. Doch mit den bisher favorisierten
Methoden konnte das nicht gelingen. Von Hand ausgefüllte Stundenzettel der
Mitarbeiter, aufwändige Angebotserstellungen und umständliche
Kommunikationswege waren überhaupt nicht das, was sich Hölzel Junior
vorgestellt hat.
Bevor allerdings
etwas optimiert werden konnte (und das gilt selbstverständlich auch für die
anderen Beispiele und jeden Handwerksbetrieb), war eine Analyse notwendig. Die
Fragen, die Hölzel sich stellen musste, lauteten:
·
Müssen
ausschließlich interne Abläufe optimiert werden?
·
Geht
es darüber hinaus auch um alle Belange, die sich um Kunden und Aufträge drehen?
·
Sind
Zulieferer oder Partnerbetriebe im Spiel, die in den Digitalisierungsprozess
integriert werden sollen bzw. müssen?
Ein externer
IT-Berater war Hölzel dabei behilflich, eine Bestandsaufnahme zu machen und
einen Plan der künftig digitalisierten Themengebiete aufzustellen. Wenn
Mitarbeiter von Hölzel heute eine Baustelle oder einen Kunden besuchen, sind
sie nicht mehr mit Zollstock und Bleistift unterwegs, sondern arbeiten mit
ihren Lasermessgeräten, die mittels Bluetooth die auszuwertenden Daten
innerhalb von Momenten zum Chef transportieren. Der Zollstock steckt zwar aus
Gewohnheit noch in der Tatsache, die vornehmlichen Arbeitsgeräte aber heißen
Smartphone und Tablet.
Butter bei die Fische!
Digitalisierung ist
also nicht „weder Fisch noch Fleisch“, wenn es um Handwerksbetriebe geht.
Vielmehr gilt die Weisheit „Butter bei die Fische“, die darauf abzielt, konkret
zu werden, sich Gedanken zu machen über die Möglichkeiten, die es auszunutzen
gilt.
Kleine und mittlere
Unternehmen fühlen sich hier oft nicht angesprochen oder überfordert.
Digitalisierung, das sei etwas für die wirklich großen Firmen, die es sich auch
leisten können, ihre gesamte Struktur zu verändern.
Doch genau das ist
ein Denkfehler. Denn gerade kleinere Unternehmen stehen unter enormem
Konkurrenzdruck, die Mitbewerber arbeiten über Preis, Leistung und Service. Wer
sich da nicht durchsetzen kann, wird geschluckt oder verschwindet von der
Bildfläche. Zudem das Argument der finanziellen Belastungen durch die
Digitalisierung nicht greift. Während die Saunahersteller Erdmann, den wir oben
erwähnt haben, gerade einmal monatlich 50,- Euro in die laufende
Digitalisierung steckt, hat der Malermeister Hölzel insgesamt 5.000,- Euro
investiert, um sich umfassend beraten zu lassen. Beträge, die sich
Handwerksbetriebe leisten können sollten.
Wir sehen:
Digitalisierung ist nichts für die ganz Großen, für die Global-Player,
jedenfalls nicht nur. Sie betrifft nicht nur alle, wie wir ja schon wissen.
Jeder kann auch von ihr profitieren, und dass ohne sich und seinen Betrieb
finanzieller Risiken auszusetzen, die existenzgefährdend werden können. Anders
herum wird ein Schuh draus: Wer nicht bereit und in der Lage ist, sich mit den
Möglichkeiten der eigenen Digitalisierung auseinanderzusetzen, der wird aller
Voraussicht nach in letzter Konsequenz eben doch finanzielle Nachteile haben.
Aber nicht wegen der Digitalisierung, sondern weil er darauf verzichtet hat.
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Herzlichen
Gruß
René Kiem
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